Vor 10 Jahren...
Vor 10 Jahren kam es in Sachsen zur Flutkatastrophe.
Hervor gerufen durch eine sogenannte 5B-Wetterlage begann das Hochwasser im Gebiet des Erzgebirges bis Ostsachsen. Nach tagelangen Regenfällen in höheren und niedrigeren Lagen unseres Freistaates wurde dieser schließlich teilweise flächendeckend überflutet. Am Ende waren alle sächsischen Landkreise betroffen.
In Gersdorf begann das Unglück in den Abendstunden des 11. August 2002 und dauerte bis in die Morgenstunden des 13. August 2002 an.
Hierzu ein Auszug aus der aktuellen Chronik:
Am 11. August 2002 kam es gegen 22.00 Uhr nach tagelangen Regenfällen zur Alarmierung der Gersdorfer Feuerwehr zu zwei vollgelaufenen Kellern.
Was 7 Stunden später folgte, ahnte noch keiner der Kameraden. Das Wasser der umliegenden Felder überschwemmte förmlich unseren Ort. Die Regenfälle wurden immer stärker und führten zur Auslösung des Katastrophen - Alarms im Landkreis Chemnitzer Land. 3 Tage kämpften die Kameraden gegen die Fluten und mussten sich eingestehen, nur noch eingreifen zu können, wenn Menschenleben oder sehr hohe Sachwerte in Gefahr waren. Doch im Osten Sachsens war die Lage noch viel prekärer. Ganze Landstriche wurden samt Gebäuden einfach weg gespült.
Hier kamen die Gersdorfer Kameraden am 22. und 23. August im Schmiedeberger Ortsteil Obercarsdorf zum Einsatz.7 Kameraden und ein Bauhof - Mitarbeiter der Gemeinde erlebten, welche ungeheure Zerstörungskraft Wasser haben kann. An Technik kam der Bus des SSV Blau Weiß Gersdorf als Einsatzleitwagen, unser Tanklöschfahrzeug mit Gerätehänger sowie 2 LKW des Bauhofes zum Einsatz.
Später sammelte man bei den Feuerwehren im Landkreis Chemnitzer Land noch Spenden für betroffene Feuerwehrleute, die während der Flutkatastrophe im Einsatz waren, während sie zuhause ihr Hab und Gut verloren!
Der Lagefilm in Gersdorf:
Sonntagabend:
- jeweils ein Keller unter Wasser an der Plutostraße und auf dem Hofgraben
- Einsatzzeit von ca. 22.00 Uhr bis 02:00 Uhr Montag
- Pegelstand Rathaus bei 1,30m
Montagmorgen:
- jeweils ein Keller unter Wasser an der Plutostraße und auf dem Hofgraben (Gleiche Einsatzstellen wie abends)
- Alarmzeit: 04.45 Uhr
- heftiger Dauerregen hält weiter an
- weitere Alarme ab 06:00 Uhr
- Pegelstand Rathaus bei 1,60m
- weitere Einsatzstellen kommen hinzu
- es werden über den ganzen Tag mehrere tausend Sandsäcke durch den Bauhof und die Feuerwehr mit Hand verfüllt
-Firmen bringen den Sand in die Hessenmühle, dort können die Sandsäcke auch abgeholt werden
An der Plutostraße
Montagmittag bis Abend:
- mehrere Einsatzstellen werden zeitgleich abgearbeitet
- es liegen bereits bis zu 80 Notrufadressen in der Warteschleife
- Schwerpunkte sind bei der Kochgärtnerei, an der Plutostraße, auf dem Hofgraben, am Rand zwischen Dachdeckerkurve und Badstraße und der komplette Kreuzungsbereich „Sonne“.
- Im Sommerbad ist bereits nichts mehr zu retten
- der Dauerregen hält weiter an
- der Landkreis Chemnitzer Land löst Katastrophenalarm aus
- das Funknetz ist völlig überlastet und wir sind auf uns allein gestellt - so geht es fast allen Feuerwehren im Landkreis
- Pegelstand Rathaus über 2,00m
Nacht vom Montag zum Dienstag:
- Pegelstand Rathaus nicht mehr messbar, der Hegebach ist im ganzen Ortsgebiet komplett über das Ufer getreten
- der Regen lässt aber nach
- die Feuerwehr Gersdorf muss sich eingestehen, nur noch helfen zu können, wenn Menschenleben in Gefahr sind
- es bleibt nur Warten, bis das Wasser zurück geht. Ein Teil der Kameraden wird zum Schlafen nach Hause geschickt. Die meisten von ihnen sind seit mehr als 17 Stunden im Dauereinsatz.
- einige Kameraden fahren Heim um sich zu duschen und umzuziehen, trockene Sachen einzupacken. Sie kommen wieder ins Gerätehaus, weil an Schlaf eh nicht zu denken ist!
Dienstagmorgen:
- das Wasser geht langsam zurück
- die Schäden sind unbeschreiblich
- im ganzen Ort werden Keller ausgepumpt und Schlamm beseitigt
- alle sind mit den Kräften am Ende, aber die Lage entspannt sich weiter
- bis zum Abend sind alle Einsatzstellen abgearbeitet, viele Anwohner haben sich selbst geholfen, einige Feuerwehrkameraden beginnen nun auch mit den Aufräumarbeiten zu Hause
An der Hauptstraße - Das Haus im Hintergrund musste später abgerissen werden
In den nächsten Tagen und Wochen waren noch überall Schlammhaufen und beschädigter Hausrat zu sehen.
Resümee:
- viele Anwohner haben sich besser für ein Hochwasser gerüstet
- die Gemeinde hat in zusätzliche Technik für Feuerwehr und Bauhof investiert
- einige Kameraden haben sich intensiv dafür eingesetzt, wie ein derartiger Einsatz besser koordiniert werden kann (Planung und Rückfallebenen wurden erstellt bzw. geschaffen)
- Verbesserungen gegen Hochwasser wurden im Wahlkampf sofort zu Thema
- die Ankündigung des Landkreises, alle Feuerwehrkameraden gegen Hepatitis impfen zulassen, verlief vollkommen ergebnislos.
- Ein Großteil der entstandenen Schäden konnte ersetzt bzw. behoben werden
- viele geplante und hochgelobte Verbesserungen, wie Rückhaltebecken wurden auf Amtswegen abgewürgt bzw. terminlos verschoben
- 10 Jahre nach der Katastrophe, sind die Ereignisses für viele schon weit weg…aber die Bilder sind auch für manchen ganz nah und die Angst davor ist bis heute für alle Betroffenen geblieben!!!
Mario Legies
Feuerwehr Gersdorf